In der Archäologie sind spannende Erklärungen für einzigartige Funde oder Befunde nicht selten. Manchmal fehlt jedoch eine wissenschaftliche Begründung, und scheint es unwichtig zu sein, ob es auch die richtige oder beste Erklärung ist.
Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass bei Anwendung einer Analysemethode aus einer Nachbarwissenschaft auch die plausibelste Erklärung gefunden werden kann.
Bei einer Ausgrabung nahe Wiedemar, nordwestlich von Leipzig, wurde neben weiteren archäologischen Befunden diverser Zeitstellungen eine isolierte, späteisenzeitliche Körperbestattung geborgen und dokumentiert. Das männliche Skelett weist schwere perimortale Traumata auf. Auf dem Schädel wurden Verletzungen durch stumpfe Gewalt dokumentiert. Mehrere Wirbel sowie die Hüftknochen wurden durch scharfe Gewalt beschädigt. Der Kopf sowie der Unterkörper wurden offensichtlich vom Rumpf getrennt. Wie kann man diesen Befund nun interpretieren? War es Kult, war es eine Opferung? Gab es einen Grund für die Zerstückelung und wenn ja, welche? Die „Operative Fallanalyse“, eine Methode der Kriminalistik, wurde bei der Ermittlung der plausibelsten Erklärung für diesen archäologischen Befund angewandt.
Zur Person:
Patricia van der Burgt studierte Prä- und Protohistorie von West-Europa an der Universität von Leiden in den Niederlanden. Nachdem sie 1993 das Studium mit dem M.A. abgeschlossen hatte, arbeitete sie als Archäologin vorwiegend für das Landesamt für Archäologie in Sachsen. Bis 2007 leitete sie eine Vielzahl an kleineren und größeren Ausgrabungen und war zeitweise Gebietsreferentin für den Landkreis Leipziger Land. In dem Jahr schloss sie ihre Promotion an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena zum Thema „archäologische Vorhersagemodelle“ ab und bekam eine unbefristete Stelle beim Landesamt für Archäologie. Nebenberuflich studierte sie „Forensic Sciences and Engineering“ in Cottbus und erhielt 2017 den M.Sc. Das Landesamt für Archäologie gewährt ihr dafür eine Teilzeitstelle als Forensisch Archäologin. Ihre Forschungsinteressen sind Siedlungs- und Landschaftsarchäologie, Osteologie und Paläopathologie sowie der Überschneidungsbereich zwischen Forensik und Archäologie.
Den Link zum Online-Vortrag gibt es bei Marie-Luise Heuschkel