Fokus Forschung: Sensibles Schwergewicht für stabile Netze

Fokus Forschung: Sensibles Schwergewicht für stabile Netze

Forschung, Forschungsprojekte

Forschungsvorhaben FlexNet-EkO forscht zur Versorgungssicherheit von Modularen Netzen und nimmt Labordemonstrator in Betrieb

Anlieferung der Netzkupplung (Schaltschrank)
Am Haken: voller Technik steckend, ist die elektronische Netzkupplung nicht gerade ein Leichtgewicht, und erfordert Fingerspitzengefühl bei der Abladung und Aufstellung

Die Energiewende Deutschlands ist nach wie vor in aller Munde und noch längst nicht vollzogen. Im elektrischen Sektor stehen die Verteilnetzbetreiber seit Jahren vor großen Herausforderungen. Unzählige dezentrale Erzeugeranlagen, basierend auf regenerativen Energiequellen, speisen ihre Leistung oft unvorhersehbar in das Netz ein. Gleichzeitig steigt lastseitig die Anzahl an Elektroautos, Speichern und variablen Lasten. Trotz dieser neuartigen Anforderungen müssen die Verteilnetzbetreiber dafür Sorge tragen, dass die Versorgungssicherheit und Qualität der elektrischen Energieversorgung stets gewährleistet ist.

Mit der Beteiligung am Forschungsvorhaben „FlexNet-EkO“ stellt sich die Forschungsgruppe der Professur für Antriebs- und Regelungstechnik der Hochschule Mittweida um Professor Dr.-Ing. Lutz Rauchfuß den genannten Herausforderungen und versucht neue technische Lösungsansätze umzusetzen und zu erproben. Zentrales Element bildet eine (leistungs-)elektronische Netzkupplung (eNK). Im Mai erfolgte die Lieferung der eNK in Form eines Labordemonstrators.

Der vollständige Name des Forschungsprojektes „FlexNet-EkO ‒ Flexibilisierung des Netzbetriebs durch entkoppelte Ortsnetze“ beschreibt die Aufgabe und Funktion der eNK bereits ganz gut. Der „starre“ Verbund eines klassischen Ortsnetzes zu einem vorgelagerten Netz wird mittels leistungselektronischer Baugruppen entkoppelt. Aus der Wechselspannung des vorgelagerten Netzes wird mit einem Netzdienlichen Wechselrichter zunächst eine geregelte, stabile Gleichspannung in einem DC-Zwischenkreis aufgebaut. Über einen Insel-Wechselrichter kann den Netzkunden ein Drehstromnetz bereitgestellt werden, bei dem die bestmögliche Spannungsqualität bereitgestellt wird. Für diese Art der Netzentkopplung hat sich der Begriff „modulares Netz“ eingeprägt. Viel Aufwand für den Ersatz eines Trafo`s könnte man meinen, aber welche Vorteile ergeben sich aus dem Einsatz einer leistungselektronischen Netzkupplung?

Der technische Aufbau der eNK erlaubt eine einfache Integration eines elektrischen Speichersystems, welches auf Basis von Lithium-Ionen-Zellen realisiert wurde. Dezentral erzeugte elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen kann somit auch vollumfänglich lokal gespeichert werden, so dass es nicht zur Überlastung des vorgelagerten Netzes durch starke Rückspeisung oder Leistungsbezug des Modularen Netzes kommt. Unterbrechungen in der Stromversorgung können mit Hilfe des Speichers überbrückt werden, so dass die Versorgungssicherheit des Modularen Netzes steigt.
Durch die leistungselektronische Bereitstellung der Netzspannung, ist man in der Lage die Amplitude und Frequenz der Spannung des Modularen Netzes wählen zu können. Damit entsteht ein Kommunikationskanal zu praktisch jedem Netzanschlusspunkt im Modularen Netz, auf dem die Übertragung von Steuerbefehlen mittels eines neuartig entwickelten Verfahrens getestet werden soll. Somit lassen sich flexible Verbraucher- und Erzeugeranlagen bedarfsgerecht ansteuern, ohne dass diese eine zusätzliche Datenleitung- oder Funkanbindung benötigen.

So gut die Steigerung der Versorgungssicherheit, die Verbesserung der Versorgungseffizienz und die Verringerung des Netzausbaubedarfs durch das neuartige Netzkupplungssystem in der Theorie klingen mögen, so unbekannt sind die bisherigen praktischen Erfahrungswerte in der Auslegung, Ansteuerung und Betriebsführung eines solchen Systems. Die oberste Devise lautet aber: die Stromkunden nehmen von der Umstellung und dem neuartigen Netzbetrieb „an ihrer Steckdose“ nichts wahr. Um dies zu gewährleisten, stehen dem Labordemonstrator demnächst viele Test- und Parametrierungszyklen der Hard- und Software bevor, ehe FlexNet-EkO mit dem praktischen Feldtest in der Nähe von Freiberg startet, bei dem für ein Jahr lang reale Kundenanlagen versorgt werden sollen.

Projektpartner

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektwebsite unter folgendem Link 
Einen Erklärfilm können Sie sich unter diesem Link anschauen.

Text: Prof. Lutz Rauchfuß, Sebastian Nitschke
Fotos / Abbildungen: Hochschule Mittweida