Fokus Forschung: 3D-Druck für den Weltraum

Fokus Forschung: 3D-Druck für den Weltraum

Forschung, Forschungsprojekte, Innovative Hochschule

Additive Fertigung hochpräziser Satellitenmechanismen am Laserinstitut Hochschule Mittweida

Satellit im Weltall über der Erdkugel
Solarpaneele, Antennen, Spiegel – ein Satellit benötigt eine Vielzahl mechanischer Bauteile im Zusammenspiel

Mechanismen sind essenziell für das Gelingen einer jeden Raumfahrtmission. Beispielsweise müssen Solarpaneele ausgeklappt werden, damit ein Satellit mit Energie versorgt werden kann, Antennen müssen positioniert werden, um Signale zielgerichtet zu übertragen, aber auch Spiegel müssen ausgerichtet werden, damit scharfe Bilder auf die Erde übertragen werden können. Mechanismen sind unabdingbar für die Funktion eines jeden Satelliten und müssen unter härtesten Bedingungen, wie hohen Temperaturen, kosmischer Strahlung, Vakuum usw. zu 100 % funktionieren.

Die Firma beyond gravity im sächsischen Coswig ist spezialisiert auf die Entwicklung und Produktion von hochpräzisen Satellitenmechanismen. Als einer der führenden Anbieter auf diesem Gebiet beliefert sie u.a. auch die European Space Agency (ESA). Die Konstruktion der beweglichen Teile stellt die Firma immer wieder vor Herausforderungen. Aktuell werden diese Mechanismen mit konventionellen subtraktiven Verfahren, wie Fräsen oder Drehen hergestellt. Doch komplexe multifunktionale Formen können damit nicht erzeugt werden. Aus diesem Grund ist der 3D-Druck für beyond gravity ein hochinteressantes Verfahren. In Sachen Raumfahrt steckt das aber noch in den Kinderschuhen. Mit dem klassischen selektiven Laserstrahlschmelzen (auch bekannt als SLM oder L-PBF) sind sehr dünne Strukturen, wenn überhaupt, nicht mit der erforderlichen Auflösung herstellbar. Zudem hat die vergleichsweise hohe Oberflächenrauheit einen negativen Einfluss auf die Dauerfestigkeit der Bauteile.

An dieser Stelle kommt das am Laserinstitut Hochschule Mittweida (LHM) entwickelte Mikro-SLM-Verfahren ins Spiel. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des SLM-Verfahrens für den Mikrobereich. Es ermöglicht den 3D-Druck von Bauteilen mit höherer Strukturauflösung, geringerer Oberflächenrauheit und höherer Formgenauigkeit unter Einsatz sehr feiner Pulver mit Korngrößen kleiner 10 µm und einem Laserspot von ca. 30 µm. Damit lassen sich Präzisionsbauteile mit Strukturauflösungen von bis zu 30 µm und Schichtdicken von bis zu 5 µm realisieren. Im Vergleich zum gängigen SLM-Verfahren bedeutet das eine Verbesserung der Auflösung um den Faktor 4 - 5. Die Oberflächenrauheit (Ra ) der unbehandelten Bauteile liegt bereits bei lediglich Ra = 2,5 µm. Durch nachträgliches Glasperlenstrahlen kann die Rauheit auf Ra = 1,0 µm verringert werden und mittels Trockenelektropolieren sogar auf Ra = 0,1 µm.

Die Wissenschaftler:innen der Forschungsgruppe von Professor Streek am LHM haben es geschafft, mit dem Mikro-SLM-Verfahren einen Spiegelhalter mit dünnwandigen flexiblen Drehgelenken für die Ausrichtung der Intersatelliten-Laserkommunikation zu fertigen, der die erforderlichen Spezifikationen erfüllt. Das Präzisionsbauteil ist von beyond gravity als monolithisches Festkörpergelenk entworfen wurden, d.h. es ist nicht aus mehreren Teilen zusammengesetzt, sondern besteht aus nur einem einzigen Teil. Es kann sich in zwei Raumrichtungen flexibel bewegen und springt immer wieder in seine Ausgangslage zurück, ähnlich wie eine Feder. Der Spiegelhalter wurde zudem topologie-optimiert, d.h. er wurde rein nach dem Kraftfluss ausgelegt und jedes unnötige Material wurde entfernt. Das aus einer hochfesten, für den Weltraum geeigneten Stahllegierung bestehende Präzisionsbauteil hat dadurch bei einer Größe von 45 x 45 x 15 mm³ lediglich ein Gewicht von 20 g. Dieser Demonstrator zeigt eindrucksvoll die Möglichkeiten der hochpräzisen Technologie und vielleicht fliegen ja in ein paar Jahren Mikro-SLM-Bauteile made in Mittweida durch das All.

Das Laserinstitut Hochschule Mittweida ist Partner im Saxony5-Co-Creation Lab Additive Fertigung. Saxony5 ist ein Verbundprojekt der fünf sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften mit dem Ziel der Stärkung des forschungsbasierten Wissens- und Technologietransfers. Um diese Transferprozesse zu unterstützen, entstehen im Rahmen des Verbundvorhabens die sogenannten Transferfilme, die jeweils ein erfolgreiches Transferprojekt vorstellen. Den neusten Saxony5-Transferfilm mit dem Miko-SLM-Bauteil unter dem Titel „Satelliten-Mechanismen aus Coswig“ finden Sie unter folgendem Link.

Text: Michael Pfeifer
Bilder: ESA (1), Hochschule Mittweida – Saxony5/TV11 (2)