Geleitwort

Beraten ist eine Kerntätigkeit von Sozialarbeiter: innen. Gute Beratung beziehungsweise gelingende Beratungsinteraktionen stehen immer im Fadenkreuz von professionellem Selbstanspruch, konkreten Erwartungen, Bedarfen und Anliegen sowohl der Ratsuchenden als auch der beauftragenden Organisationen und Institutionen.

Beratungsinteraktionen vollziehen sich im Spektrum von eher formalen und stark strukturierten Settings (die klassische Beratungsstelle) bis hin zu Zwangskontexten oder in eher informellen, offenen und schwachen Settings (Tür- und Angelberatung). Sie fokussieren lebensweltliche Themen und Anliegen von Klient:innen (z. B. Familienberatung, Schwangerschafts- konfliktberatung etc.) oder auch Anliegen der Professionals (Supervision, Coaching, Organisationsberatung).

Die interaktive Herstellung „guter“ Beratung ist in der Regel ein komplexes und nicht widerspruchsfreies Unterfangen. In den Beratungsinteraktionen spiegeln sich personale Muster der Beteiligten, Rollenskripte, institutionelle und organisationale Aufträge, Familien- und Teamdynamiken, Geschlechterverhältnisse und kulturelle Selbstverständlichkeiten. In ihnen werden Fälle bearbeitet und konstruiert. Beratungen sind Orte der Verwendung und Generierung von Wissen, aber auch verteilter Macht. Die Expertise von Professionals und die der Klient:innen treffen hier aufeinander und müssen in einem Arbeitsbündnis ko-produktiv verschränkt werden etc. Die Beratungsforschung identifiziert in der Regel Input- und Outcome-Faktoren, um Wirkfaktoren beziehungsweise Beratungseffekte mess- und fassbar zu machen. „Unterbelichtet“ bleibt dabei indessen die Blackbox dazwischen, die reale Beratungsinteraktion und -kommunikation respektive der Herstellungsprozess „guten“ Beratenseins. Empirisch wird jeweils entweder die Seite der Ratsuchenden oder die der Berater:innen beforscht, weniger deren Interaktion.