Closing Session
Moderation: Jörg Matthes, Hochschule Mittweida
Raum: 5-120
16:00 Uhr | Visionen drucken. Zukunft gestalten - Wie wir mit Robotik und Design lokale Ressourcen nutzen und globale Systeme neu denken können
Referent:in: Ada Matthes, Designerin
Designer, Ingenieure und Wissenschaftler haben alle denselben Antrieb: Sie wollen den Status quo verändern. Die Frage ist nur – in welche Richtung? Mit 3D-Druck und Robotik können wir einen grundlegenden Wandel vorantreiben: weg von Massenproduktion, hin zu individuell gefertigten Objekten, die nur dann entstehen, wenn sie tatsächlich gebraucht werden.
Ein Beispiel dafür ist der 3D-gedruckte Hocker Galoppi, gefertigt aus recyceltem Polypropylen mit Glasfaseranteil. Die Herstellung dauert rund drei Stunden und erfolgt über einen sechsachsigen Roboter. Der Hocker steht exemplarisch für eine neue Haltung im Design: Die Produktion von Individuellen Produkten nach Bedarf, nicht auf Vorrat. Durch digitale Parametrik können Maße und Formen an individuelle Anforderungen angepasst werden – ein Prinzip, das Individualisierung demokratisiert und die Verbindung von Technologie, Gestaltung und Nachhaltigkeit neu denkt.
Additive Fertigung eröffnet neue Wege für den Umgang mit industriellen Reststoffen. Materialien wie Plastik, Beton, Ton, Holz, sogar Pilzmyzel und vielen mehr können lokal gesammelt, und verarbeitet werden. Auf diese Weise entstehen zirkuläre Materialsysteme, die Ressourcen schonen und Abfälle als potenzielle Rohstoffe begreifen. Wenn viele solcher robotischen symbiotischen Produktionsstätten entstehen, dann bauen wir damit ein dezentrales resilientes Netzwerk.
Ein Galoppi wurde in Brandenburg produziert, ein weiterer in München. Ob in Italien oder Australien – damit das Design entsteht, geht nicht das Objekt selbst, sondern nur eine digitale Datei auf Reisen. Dieser Ansatz macht Produktion flexibler, resilienter und unabhängiger von globalen Lieferketten.
Unternehmen wie Ginger Additives in Mailand entwickeln hierfür Technologien, die diesen Wandel vorantreiben. Sie stellen großformatige 3D-Drucksysteme mit Pellet-Extrusion her. Diese Verfahren reduzieren Materialkosten und Transportwege und machen den 3D-Druck auch für kleinere Betriebe zugänglich. Langfristig können dadurch Robotik und additive Fertigung demokratisiert werden – ein entscheidender Schritt hin zu einer dezentralen, widerstandsfähigen Produktionslandschaft.
Doch technologische Innovation allein reicht nicht aus. Entscheidend ist interdisziplinäres Arbeiten: Wenn Künstler:innen Designer:innen, Ingenieur:innen und Wissenschaftler:innen gemeinsam an Lösungen forschen, können Materialien, Prozesse und Systeme ganzheitlich neu gedacht werden. Diese Zusammenarbeit ist der Motor echter Innovation – sie verbindet technisches Wissen mit gestalterischer Vision.
Additive Fertigung und Robotik zeigen, wie Gestaltung zum Werkzeug gesellschaftlicher Veränderung werden kann: Um lokale Ressourcen zu aktivieren, globale Systeme umzulenken und eine nachhaltige, resiliente Zukunft zu gestalten, in der wir für und mit der Natur gestalten, nicht gegen sie.
16:40 Uhr | Schlusswort, Staffelstab-Übergabe, Verabschiedung
Jörg Matthes, Hochschule Mittweida
Jens Bliedtner, EAH Jena