Fokus Forschung: Mittweidaer Forscher bei interdisziplinärem Exzellenz-Seminar auf Schloss Dagstuhl

Fokus Forschung: Mittweidaer Forscher bei interdisziplinärem Exzellenz-Seminar auf Schloss Dagstuhl

Forschung, Konferenzteilnahmen

Fünf Mittweidaer Wissenschaftler nahmen Ende Juni zu einem Dagstuhl-Seminar mit dem Thema "Integration of Expert Knowledge for Interpretable Models in Biomedical Data Analysis" teil.

Mittweidaer Teilnehmer am Dagstuhl-Seminar 2016: <br> Dr. Tina Geweniger, Dr. Marika Kaden, David Nebel M.Sc., <br> Prof. Thomas Villmann, Prof. Röbbe Wünschiers (v.r.n.l.).

Dagstuhl-Seminare finden am Leibniz-Zentrum für Informatik Schloss Dagstuhl statt. Hier treffen sich jede Woche weltweit führende Wissenschaftler zu Exzellenzseminaren, um dann für 5 Tage gemeinsam zu einem speziellen Thema zu debattieren und zu forschen. Dabei können Wissenschaftler an solchen Seminaren nur auf Einladung der Organisatoren hin teilnehmen. Diese Einladungen erfolgen entsprechend der Expertise und wissenschaftlichen Relevanz der Teilnehmer auf höchstem Niveau. Damit gelten diese Exzellenz-Seminare als wegweisend für neue Forschungsrichtungen und –initiativen aber auch als Ausgangspunkt internationaler Kooperationen.

Bei dem jetzigen Seminar versammelten sich ca. 35 Wissenschaftler aus aller Welt, die Spezialisten auf den Gebieten Medizin, Biologie und Informatik/Mathematik sind, um über integrierte Methoden der Datenanalyse und Modellbildung unter der expliziten Einbindung von Expertenwissen zu diskutieren.

Mittweidaer Teilnehmer waren die Professoren Röbbe Wünschiers (Experimental and Computational Biology) und Thomas Villmann (Computational Intelligence), sowie Dr. Tina Geweniger, Dr. Marika Kaden und David Nebel M.Sc. von der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften. Dabei gehörte Prof. Villmann mit zum Organisatoren-Team des Workshops, dem außer ihm noch Prof. Michael Biehl (Universität Groningen), Prof. Gyan Bhanot (Rutgers Universität Piscataway) und Dr. Dietlind Zühlke (Seven Principles AG Köln) angehörten. Mithin war es für Prof. Villmann schon das vierte Mal, dass er als Organisator eines solchen Exzellenz-Seminars am Leibniz-Zentrum Dagstuhl wirken konnte.

Jeder Workshop-Tag gliederte sich in mehrere Vortrags- und Diskussionsrunden, die oft bis weit in die Nacht reichten. Hier wurden z.B. neue Erkenntnisse der Biomedizin, z.B. in der Tumoranalytik, vorgestellt, die zu neuen komplexen Datensätzen geführt haben und jetzt analysiert werden müssen. Mathematiker und Datenanalytiker demonstrierten neuartige adaptive Modelle des maschinellen Lernens, welche speziell der Problematik BigData im bio-medizinischen Kontext gewidmet sind begleitet von innovativen Visualisierungstechniken zur Darstellung hochkomplexer Datenstrukturen. Frau Dr. Geweniger stellte Methoden des unscharfen Clusterns vor. Professor Wünschiers präsentierte offene Probleme bei der Datenanalyse und -integration im Rahmen der Modellierung biologischer Prozesse. Hier gilt es, oft in riesigen Datenmengen nach Mustern zu suchen, die biologische Relevanz verraten. Diese Suche gleicht oft der Suche einer Nadel im Heuhaufen, da natürliche Prozesse die vielen verschiedenen Einflüssen unterliegen und somit charakteristische Auffälligkeiten nur schwer zu detektieren sind. Stellvertretend hierfür ist die Modellierung der Methanproduktion in Biogasanlagen. Zudem initiierte Professor Wünschiers eine Kooperation mit der Universität Ulm zu neuen Verfahren der Datenvisualisierung.

Ein weiterer Schwerpunkt im Workshop war z.B. die Analyse komplexer Genexpressionsprofile in Kombination mit klinischen Strukturdaten zur Klassifikation von Tumorerkrankungen und der daraus resultierenden Identifikation von Biomarkern in Gensequenzen. Neben Fachvorträgen zu diesem Thema wurde dann unmittelbar an einem entsprechenden Datensatz von Blasenkarzinomen im interdisziplinären Team gearbeitet. Dabei war diese gewollte Heterogenität der Wissenschaftler mit ihrem unterschiedlichen Fachwissen Grundlage einer bisher noch nie so erlebten Analysekomplexität: Adaptive Analysemethoden aus dem Bereich des maschinellen Lernen mit Methoden, wie sie Prof. Villmann und sein Team in der FG Computational Intelligence entwickeln, führten zu Datenmodellen, die dann durch bio-medizinische und klinische Experten interpretiert bzw. bewertet wurden. Diese Einschätzungen wurden sofort zu verbesserten Modellannahmen  verwendet, die wiederum im weiteren Analyseprozess zum gezielteren Einsatz weiterer Datenanalysetools beitrugen. So konnten erste auffällige Gensequenzen identifiziert werden, die jetzt in weiteren klinischen Untersuchungen genauer erforscht werden müssen. Bei dieser intensiven Projektarbeit, die in den nächsten Wochen und Monaten via online-Konferenzen fortgesetzt werden soll, haben Dr. Kaden und Herr Nebel mit ihrer Kompetenz in der adaptiven Datenanalyse federführend mitgearbeitet.

Neben diesem großen Projekt, an dem alle Teilnehmer weiter mitarbeiten werden, wurden auch für viele kleinere Probleme nach neuartigen Lösungsstrategien und –ansätzen gesucht. So wird Prof. Villmann zukünftig mit Prof. Lisboa (Liverpool) im Bereich der diskreten Klassifikationsoptimierung zusammenarbeiten, da die in Mittweida entwickelten Algorithmen Lösungsstrategien für die Liverpooler Kollegen darstellen.

Aber auch die Zusammenarbeit der Mittweidaer Teilnehmer untereinander ist durch dieses Seminar inspiriert und intensiviert worden: Die Professoren Wünschiers und Villmann werden ihre Kompetenzen bündeln, um das Problem der biologischen Prozessierung von Transkripten mittels intelligenter adaptiver CLustermethoden  zur Datenanalyse gezielter zu untersuchen.

Und nicht zuletzt werden auch die Studenten der Hochschule Mittweida indirekt oder direkt von den Seminarerfahrungen profitieren, indem sie in Master- und Bachelorprojekten an aktuellen Problemstellungen mitwirken können, die weltweit von Experten bearbeitet werden und somit Interdisziplinarität, wissenschaftliche Exzellenz und Innovation unmittelbar erleben.

Weitere Informationen zur Forschungsgruppe Computational Intelligence (Prof. Villmann)an der Hochschule Mittweida

Weitere Informationen zur Forschungsgruppe Experimental and Computational Biology (Prof. Wünschiers) an der Hochschule Mittweida

Weitere Informationen zum Dagstuhl-Seminar

 

Von: Prof. Thomas Villmann