Fokus Forschung: Erfolgreiches EU-Projekt FORMOBILE geht zu Ende

Fokus Forschung: Erfolgreiches EU-Projekt FORMOBILE geht zu Ende

Forschung, Forschungsprojekte, EU-Forschung

Hochschule Mittweida koordinierte 19 Partner aus 15 Ländern

Innenansicht eines Handys (Quelle: Projekt FORMOBILE)
Innenansicht eines Handys (Quelle: Projekt FORMOBILE)

Die Untersuchungskette vom Mobiltelefon bis hin zum Gerichtsprozess abzudecken und die Strafverfolgung mit neuen Instrumenten bei der Datenakquise, -dekodierung und -analyse, Training und einem Standard für Mobile Forensik im Kampf gegen Verbrechen und Terrorismus zu unterstützen – das waren die Ziele des EU-Projektes FORMOBILE, welches nun nach drei Jahren zu Ende geht.

In zehn Arbeitspaketen arbeiteten die 19 Partner aus 15 europäischen und außereuropäischen Ländern von Mai 2019 bis April 2022 zusammen mit einer Fördersumme von knapp 7 Mio. Euro. Die Ziele – neue Tools, ein Prozess-Vor-Standard und Training für die Strafverfolgung in der Mobilfunkforensik – wurden erreicht, durch weitere Ergebnisse ergänzt und von der Community begeistert angenommen. Die Hochschule Mittweida war dabei nicht nur fachlich involviert, sondern sie koordinierte auch das EU-Projekt im Horizont 2020-Programm. Dabei ist die federführende Koordination durch eine HAW aufgrund der hohen Anforderungen des Programms noch sehr selten. Die Hochschule Mittweida ist die zweite HAW in den neuen Bundesländern überhaupt, die ein EU-Horizont-2020-Projekt als Koordinator verantwortet.

Beteiligung der HSMW im Projekt

Initiiert wurde das Projekt von Dr. Christian Hummert und geleitet von Prof. Dr. Dirk Pawlaszczyk.

Fachlich involviert war die Hochschule Mittweida über die Fachgebiete

  • Informatik (unter Leitung von Prof. Dr. Pawlaszczyk). Hier ging es um die Extraktion von Daten, die auf Clouddiensten gespeichert werden. Die Bandbreite an Cloudanbietern, bei denen Daten akquiriert werden können, wurde erweitert. 
  • Forensik (unter Leitung von Prof. Dr. Labudde). Hier wurde ein Algorithmus zur kommunikationskanal- (Telegram, WhatsApp, E-Mail etc.) und modalitätsübergreifenden (Text, Audio, Bild, Video) semantischen Analyse von mobilen Kommunikationsdaten entwickelt. Dieser ermöglicht es Ermittlern den Inhalt von mobiler Kommunikation, trotz ihrer Heterogenität und Unvollständigkeit, umfassend zu verstehen, um beweiserhebliche Informationen in der Masse irrelevanter Daten schneller erkennen zu können und Fehlinterpretationen zu vermeiden.
  • Elektrotechnik. Hier wurde ein Detektor für Überspannungsattacken von Smartphones gegenüber Forensischer Software entwickelt.
  • Das Referat Forschung unterstützte in der Kommunikation mit der Europäischen Kommission und der finanziellen Abwicklung des EU-Projektes.

Wichtigste Ergebnisse

  • Mobile Forensics – The File Format Handbook – Ein aktuelles Nachschlagewerk zu Dateiformaten und -systemen in mobilen Endgeräten. Öffentlich und kostenfrei zugänglich.
  • Öffentliche Checkliste for Legal Practitioners – Leitfaden für Juristen zum besseren Verständnis von Prozessen in der Mobilfunkforensik
  • Criminal Procedure Report – Ein Überblick über die verschiedenen Strafrechte europäischer Länder im Bereich Mobiler Forensik. Öffentlich und kostenfrei zugänglich.
  • CWA 17865:2022, Requirements and Guidelines for a complete end-to-end mobile forensic investigation chain – Die Vorstufe eines Standards zu Prozessen, Personalbildung und Instrumenten in der Mobilen Forensik, für Polizisten am Tatort, über Analysten in Forensischen Labors, Strafverfolgungsmanagement bis hin zu Staatsanwälten, Strafverteidigern und Richtern. Mit über 30 Organisationen erarbeitet. Öffentlich und kostenfrei zugänglich.
  • 12 Tools insgesamt, darunter zwei von der HSMW entwickelte open source-Instrumente CLOUDxTRACT & Forensic SQLite Data Recovery Tool – siehe https://github.com/FORMOBILE
  • Drei öffentliche Trainingskurse für Strafverfolger, Juristen und Management – Mobile Forensics Fundamentals & Best Practices, Mobile Forensics for Prosecution and Judges und Mobile Forensics for Management
  • Kontakte zu wichtigen Netzwerken wie ENFSI, EUROPOL, EUROJUST, ECTEG, CEPOL und zu anderen EU-Projekten im Bereich der Mobilfunkforensik und Cybersecurity – ROXANNE, LOCARD, EXFILES, ALIGNER, CYCLOPES
  • Stärkung des wichtigsten europäischen Unternehmens in der Mobilen Forensik – MSAB – durch die Weiterentwicklung der Funktionen des bestehenden MSAB-Tool Kits mit XRY & XAMN
  • Videoszu den Projektergebnissen und Flyer zu den Ergebnissen

Die oben genannten Ergebnisse und weitere Publikationen sind unter folgendem Link zu finden: https://formobile-project.eu/downloads/publications-public-deliverables/

Reichweite des Projektes

Dank des riesigen Engagements der Konsortialpartner während der Projektlaufzeit konnten die Ziele des Projektes erreicht und ein großes Netzwerk an Kontakten aufgebaut werden. Zu den rund 570 Stakeholdern gehören Vertreter von Strafverfolgungsbehörden, Wissenschaft und öffentlichen Einrichtungen weltweit, die im Feld von Cybersicherheit und Digitaler Forensik arbeiten (unter Einhaltung der Exportregularien).

Rückmeldung der Europäischen Kommission

Am 28. Juni 2022 fand schließlich das Final Review Meeting des Projektes gegenüber Vertretern der Europäischen Kommission statt, bei dem die Arbeit der zweiten Projekthälfte (November 2020 bis April 2022) und der Gesamterfolg des Projektes vorgestellt wurden. Mit seinen Ergebnissen trägt FORMOBILE zur politischen, wissenschaftlichen, sozialen und ökonomischen Entwicklung der EU sichtbar bei. Daher gratulierten die Prüfer dem Projektkonsortium ausdrücklich zu den hochwertigen Ergebnissen, die den europäischen Strafverfolgungsbehörden von großem Nutzen sind. Sie wiesen darauf hin, die Resultate unbedingt weiterzuverwenden und nannten neue Ausschreibungen um sich für die Fortsetzung der Arbeit neu zu bewerben.

Dieses Projekt wurde durch das Rahmenprogramm Horizont 2020 – Forschung und Innovation der Europäischen Union, H2020-SU-SEC-2018, unter der Fördervereinbarung Nr. 832800 finanziert.

Weitere Informationen zu formobile

Text: Julia Gerstenberg, Katrin Fritzsche, Jian Xi