Fokus Forschung: Lassen sich Affenpocken eindämmen und wenn ja, wie?

Fokus Forschung: Lassen sich Affenpocken eindämmen und wenn ja, wie?

Forschung, Veröffentlichungen

Professor Kristan Schneider veröffentlicht gemeinsam mit Tübinger Kollege Artikel im Lancet Infect. Dis.

Professor Kristan Schneider
Professor Kristan Schneider

Sommerzeit ist Reisezeit und eigentlich möchte man im Urlaub nichts von Pandemien und Infektionskrankheiten lesen oder hören. Kristan Schneider, Inhaber der Professur für Modellbildung und Simulation an der Fakultät CB der Hochschule Mittweida, reist auch gern, verliert jedoch bei allem Fernweh auch die Infektionslage nicht aus den Augen. Momentan sind es die Affenpocken und deren Ausbreitung, die ihn beschäftigen.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Eichner, Professor am Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, publizierte Professor Schneider vor kurzem einen Artikel in der „The Lancet Infectious Diseases“.

The Lancet Infectious Diseases, abgekürzt Lancet Infect. Dis., ist die weltweit führende wissenschaftliche Fachzeitschrift für Infektionskrankheiten und erscheint monatlich im Elsevier-Verlag.

Im Artikel „Does it matter who is spreading monkeypox - and will this pandemic be contained?” geht es vor allem darum, in welchen Bevölkerungsschichten die Affenpocken bisher auftraten, wie sie verbreitet werden und wie diese Pandemie eingedämmt werden kann. Von Bedeutung ist dabei der Faktor R0, die sogenannte Basisreproduktionszahl. R0 ist die durchschnittliche Zahl der weiteren Infektionen, die von einer infizierten Person ausgehen, wenn in der Bevölkerung fast noch niemand mit der Krankheit in Berührung kam und keine Interventionen ergriffen werden. Das Ziel ist eine Senkung von R0 auf Werte unter 1.

Vorteilhaft bei den Affenpocken ist deren lange Inkubationszeit. Dadurch funktioniert die Kontaktrückverfolgung effizient. So können potenzielle Kontaktpersonen bereits vor Ausbruch der Krankheit informiert und isoliert werden, bevor sie diese Krankheit verbreiten. Durch die lange Inkubationszeit muss man nicht so schnell reagieren wie bei COVID-19. Bisher gibt es auch keine Anzeichen für asymptomatische Infektionen, dadurch wird die Identifikation von Erkrankungen im Gegensatz zu COVID-19 erleichtert. Auch sind die Affenpocken nicht so leicht übertragbar. Sie übertragen sich nicht wie bei COVID-19 über Aerosole, sondern über Tröpfchen. Dazu braucht man intensiven nahen Gesichtskontakt, den Austausch von Körperflüssigkeiten oder muss in Berührung mit kontaminierten Materialien wie Bettwäsche kommen. Zusätzlich gibt es seit einigen Jahren einen Impfstoff gegen Affenpocken. Dazu kommt, dass die Pockenimpfung auch einen gewissen Schutz bietet und viele Menschen noch gegen die Pocken geimpft wurden.

Professor Schneider freut sich über die Veröffentlichung und sieht vor allem eine Konsequenz: „Die Affenpocken sind keine Geschlechtskrankheit und es aus epidemiologischer Sicht egal ob, sich das Virus zuerst in der MSM Community verbreitet und dann auf die Gesamtbevölkerung überspringt, oder gleich in der Bevölkerung ausbreitet. Aufgrund der langen Inkubationszeit, hat man viel mehr Zeit zu reagieren als bei COVID-19 und dadurch werden sich die Affenpocken leicht eindämmen lassen.“

Link zum Artikel: https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(22)00431-5/fulltext

Text: Prof. Kristan Schneider
Foto: Hochschule Mittweida