Fokus Forschung: Auf dem Weg zum intelligenten Kunststoffgleitlager

Fokus Forschung: Auf dem Weg zum intelligenten Kunststoffgleitlager

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Forscher Nachwuchs | NWK 2023 | Norman Katzer forscht zum Temperaturverhalten von Kunststoffen

Portraitbild Norman Katzer
Seit 2020 an der Hochschule Mittweida: Norman Katzer

Kunststoffgleitlager sind ein alltäglicher Begleiter mit einem riesigen branchen-übergreifenden Anwendungsgebiet wie zum Beispiel in der Agrartechnik, der Au-tomobilindustrie, der Baumaschinenbranche und der Luftfahrtindustrie. Aufgrund ihrer kostengünstigen Herstellung, ihrer hohen Medienbeständigkeit und dem schmierungsfreien Betrieb, genießen sie eine sehr hohe Popularität. Da die Kunst-stoffmaterialien hinsichtlich ihres Reibungs- und Verschleißverhaltens immer weiter optimiert werden, verdrängen sie auch immer häufiger metallische Lager. Dies führt dazu, dass sie auch in hochbelasteten Anwendungsfällen zum Einsatz kommen. Problematisch dabei ist die Tatsache, dass das Verschleißverhalten häufig nur sehr ungenau vorhersagbar ist und daher die Lebensdauer und der Ausfallzeitpunkt nicht genau bestimmt werden können. Damit lassen sich auch Wartungsintervalle nur schwer planen und die Gleitlager müssen entweder frühzeitig ausgetauscht werden oder es kann zu ungeplanten Maschinenstillständen und damit verbundenen Produktionsausfällen oder gar Folgeschäden kommen. Dabei werden Restlaufzeiten verschenkt und es können hohe Kosten entstehen.

Im Zuge dieser Problematik wird an der Professur Intelligente Maschinensysteme in der Forschungsgruppe von Professor Jörg Hübler ein Kunststoffgleitlager entwickelt, welches eine integrierte Sensorik aus leitfähigen Kunststoffen besitzt, um den Verschleiß über die Betriebszeit hinweg zu erkennen und damit unvorhergesehene Ausfälle zu vermeiden und Restlaufzeiten optimal auszunutzen (Abbildung 1).

Das Grundprinzip der Verschleißmessung beruht darauf, den elektrischen Wider-stand des leitfähig modifizierten Kunststoffs permanent während der Betriebszeit zu messen und damit eine Aussage zum Verschleißgrad des Lagers zu treffen. Um ein besseres Verständnis über das elektrische Verhalten der leitfähigen Kunststoffe unter verschiedenen Umweltbedingungen zu gewinnen, wurden umfangreiche Untersuchungen in einer Temperaturwechselkammer durchgeführt. Hierbei wurden Temperatur und Feuchtigkeit variiert und dabei der elektrische Widerstand der leitfähigen Kunststoffproben gemessen. Die Ergebnisse in Abbildung 2 zeigen, dass die leitfähig modifizierten Kunststoffe TPU (gelb) und PBT (grau) in der Lage sind, dem vorgegebenen Temperaturwechselprofil (schwarz) zu folgen. Sie eignen sich daher in einer Anwendung als Temperatursensor. Weiterhin wurde ersichtlich, dass vor allem das PA66 (grün) nur sehr schlecht und nicht nachvollziehbar auf die Temperaturänderungen reagiert. Das leitfähige PPS (blau) zeigt nahezu keinerlei Änderungen hinsichtlich seines elektrischen Widerstands bei einer Temperaturänderung.

Die hier in groben Auszügen dargestellten Ergebnisse der Untersuchungen helfen nun dabei, das Kunststoffgleitlager mit intelligenter Verschleißüberwachung in Kooperation mit dem Projektpartner Lauer Harz GmbH weiterzuentwickeln und geeignete leitfähige Kunststoffmaterialien auszuwählen. Das Forschungsvorhaben bietet damit die Grundlage, Wartungsintervalle für Kunststoffgleitlager planbarer zu machen und Stillstandszeiten oder gar Folgeschäden zu vermeiden. Infolgedessen besteht ein enorm hohes Potenzial Kosten zu senken und eine nachhaltigere Instandhaltung zu gewährleisten, welche den vorzeitigen Austausch von noch gebrauchsfähigen Lagern vermeidet. Das neuartige Kunststoffgleitlager mit integrierter Sensorik zeichnet sich daher als ökonomischere und ökologischere Alternative zum herkömmlichen Kunststoffgleitlager aus.

Norman Katzer arbeitet seit 2020 an der Hochschule Mittweida und befasst sich seitdem mit der Integration von Sensorik zur Verschleißerkennung in Kunststoffgleitlagern. Zuvor studierte er Maschinenbau mit der Vertiefungsrichtung Luft- und Raumfahrttechnik an der TU Dresden. Der wissenschaftliche Beitrag wurde im Rahmen der 23. Nachwuchswissenschaftler:innenkonferenz eingereicht und ins Programm aufgenommen.

Die ZIM-Vorhaben ZF 4516707LP9 und KK 5169407KU1 wurden im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel.

Text: Norman Katzer
Fotos: Hochschule Mittweida