Fokus Forschung: Röntgenstrahlungsbelastung in der Lasermedizin?

Fokus Forschung: Röntgenstrahlungsbelastung in der Lasermedizin?

Forschung

LHM untersucht Gefährdung durch UKP-Laserstrahlung in medizinischen Anwendungen

Diese Frage galt es in einem kürzlich beendeten einjährigen Forschungsprojekt am Laserinstitut Hochschule Mittweida zu beantworten. In enger Kooperation mit der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) aus Berlin wurden dazu erste Untersuchungen durchgeführt, welche die typischen Einsatzbereiche von Ultrakurzpulslasern in der Medizin beleuchteten. Die veröffentlichten Ergebnisse schafften es bis auf das März-Cover von Applied Physics A.

Infolge der Anpassung des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) und zugehöriger Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) wurde in den letzten Jahren neben der Laserstrahlung auch die Röntgenstrahlung in der Laser-Community heiß diskutiert. Die vor rund 130 Jahren von Wilhelm Conrad Röntgen beschriebenen X-Strahlen können bei speziellen Laserprozessen erzeugt werden und stellen eine echte gesundheitliche Gefahr für die Anlagenbediener dar. Solche Sekundärgefährdungen sind bereits seit längerer Zeit aus Grundlagen-Forschungsarbeiten mit hochintensiver Laserstrahlung, meist mit Ultrakurzpuls-(UKP)-Lasern, bekannt. Infolge der raschen Entwicklung der Lasertechnik hin zu Hochleistungs-Laserstrahlquellen können jetzt auch beachtliche Röntgenstrahlungsdosen in industriellen Laserbearbeitungsprozessen freigesetzt werden. Untersuchungen dazu wurden auch am Laserinstitut Hochschule Mittweida (LHM) oder an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Link zu: BAM - Startseite durchgeführt und zeigten messbare Röntgenstrahlen auch unterhalb der bis dahin bekannten Schwellintensität von Laserstrahlung.

Ein wichtiges Einsatzgebiet für UKP-Laserstrahlung ist die Medizin. Hier werden Laserprozesse zum Beispiel für die Korrektur von Fehlsichtigkeit („Augenlasern“) eingesetzt oder können in der Zahnmedizin oder für Hautbehandlungen Anwendung finden. Animiert durch diese möglichen medizinischen Einsatzfelder sowie den vorliegenden Ergebnissen über laserinduzierte Röntgenstrahlung an Festkörpermaterialien initiierte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ein Forschungsprojekt, um die Grundsätze des Strahlenschutzes (Rechtfertigung, Dosisbegrenzung und Optimierung) zu gewährleisten. Der BAM als die für die Durchführung der Projektaufgaben beauftragte Institution kam dazu die umfangreiche Expertise und hervorragende gerätetechnische Ausstattung des LHM zugute. In der am LHM ansässigen Arbeitsgruppe um Professor Udo Löschner konnte neben den für flexible Bearbeitungsaufgaben konzipieren UKP-Laserforschungsanlagen auch auf Erfahrungen im Umgang mit biologischen Materialien und der notwendigen Messtechnik zurückgegriffen werden.

Mit Start des Forschungsprojektes wurden zunächst innerhalb einer Literaturrecherche die Einsatzgebiete für UKP-Laser mit dem größten Gefährdungspotential ermittelt, wobei sich die Augen- und Zahnheilkunde herauskristallisierten. In der Augenheilkunde werden UKP-Laser für die gezielte mikrometergenaue Perforation der Hornhaut im menschlichen Auge eingesetzt. Im Bereich der Zahnmedizin werden Laserprozesse für das Abtragen und Strukturieren von Zahnhartmaterialien für Zahnerhaltungszwecke genutzt. Diese Anwendungen wurden am LHM exemplarisch anhand von Modellversuchen abgebildet und konnten zeigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch an biologischen Materialien laser-induzierte Röntgenstrahlung erzeugt werden kann. Unter Beachtung der natürlich vorkommenden Radioaktivität (Link zu: BfS - Radioaktivität in der Umwelt) wurden Grenzwerte und Bearbeitungsszenarien abgeschätzt, bei denen die Dosis der laserinduzierten Röntgenstrahlung die gesetzlichen Grenzwert übersteigt. Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass die von den untersuchten Laserbestrahlungsregimen ausgehende Gefährdung eher gering ausfällt. Eine genaue Einordung des Gefährdungspotentials während der realen medizinischen Anwendung soll im Nachgang an das Projekt erfolgen, insbesondere auch für den Einsatz höherer mittlerer Laserleistungen. In Bezug auf laserinduzierte Röntgenemissionen in medizinischen Anwendungen bleiben allerdings auch Fragen offen, z.B.: Was passiert, wenn UKP-Laserstrahlung mit Knochengewebe wechselwirkt oder auf Implantate trifft?

Die im Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse wurden kürzlich in einer bilateralen Veröffentlichung von BAM und LHM im renommierten Fachjournal Applied Physics A veröffentlicht. Link zu: X-ray emission during the ablative processing of biological materials by ultrashort laser pulses | SpringerLink Zur Freude der Autoren wurde der Artikel nicht nur als Editor’s Choice ausgewählt, sondern ziert auch das Titelblatt (Cover-Page) der Monatsausgabe des Journals vom März 2023. Auch zukünftig sollen diese Ergebnisse einem breiten Fachpublikum zugänglich gemacht werden. So sind dieses Jahr bereits Beiträge anlässlich der EMRS-Conference in Strasbourg (FRA), der LIM Conference zur World of Photonics in München sowie zur Mittweidaer Lasertagung angemeldet.

Dieses Projekt wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) unter der Verwaltungsvereinbarung 3621S42451 gefördert.

Text: Sebastian Kraft

Foto: Applied Physics A volume 129, (2023) March-Cover Page