Im Masterstudiengang Genomische Biotechnologie lernen die Studierenden neben vielzähligen molekularbiologischen Methoden auch die next generation DNA-Sequenzierung kennen – so werden sie optimal auf ein Arbeitsleben in dem weiten Feld der Biotechnologie vorbereitet. Aber kann uns next generation DNA-Sequenzierung auch helfen zu verstehen, wie menschliche Aktivität auf Gewässer wirkt? Können wir derartige DNA-Analysen einsetzen, um beispielsweise in Zukunft die ökologische Entwicklung von sächsischen Tagebauseen schnell und doch tiefgehend zu verstehen?
Fokus Forschung: Sehnsuchtsort Stechlinsee
Fokus Forschung: Sehnsuchtsort Stechlinsee
Mittweidaer Studierende der Biotechnologie setzen DNA-Analyse vor Ort zur Gewässeranalyse ein
Um solche Fragen zu beantworten, sind die Studierenden im Masterstudiengang Genomische Biotechnologie bereits zum zweiten Mal auf Exkursion zum Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) am Großen Stechlinsee gefahren. Der Stechlinsee ist ein großer naturnaher See, aber auch einige künstliche, stark menschlich-beeinflusste Gewässer befinden sich in der Gegend. Dies macht diese Gegend zu einem interessanten Ort für einen Vergleich der Gewässertypen mittels DNA-Sequenzierung (Metagenomanalysen) des Algen-Planktons. Die DNA-Sequenzierungsergebnisse der Algen wurden nun fertiggestellt und in Abschlussvorträgen von den Masterstudierenden vorgestellt.
Am Stechlinsee lernten die Studierenden wichtige Methoden der Limnologie (Gewässerkunde) kennen und anwenden, darunter Planktonprobennahme, Sonden-gestützte physikalische Analysen, Nährstoffanalysen und automatisierte Mikroskopie. Die tiefgefrorenen Planktonproben wurden anschließend nach Mittweida gebracht. Hier wurde die DNA isoliert, sozusagen das Metagenom, und bestimmte DNA-Abschnitte wurden mit der PCR-Methode vervielfältigt und schließlich sequenziert. Wichtig war nun die Bioinformatik, um Herr zu werden über Abertausende von DNA-Sequenzen. Dies ermöglichte die Zuordnung der Signale zu den verschiedenen Algengruppen. Die DNA-Arbeiten und die Bioinformatik erfolgte an einigen Praktikumstagen verteilt übers Sommersemester in Mittweida.
Der Leiter der HSMW-Gruppe, Professor Hendrik Buschmann, ist begeistert: "Der Stechlinsee ist wie ein Sehnsuchtsort. Klares, sauberes Wasser, inmitten unberührter Natur. Doch müssen wir erkennen, dass der See sich verändert, wenn auch recht langsam. Andere Gewässer sind viel stärker menschlich beeinflusst, man denke nur an sächsische Tagebauseen. DNA-Sequenzierung kann uns helfen zu verstehen, was mit der Ökologie jeweils passiert. Biotechnologie kann hier also einen wichtigen Beitrag leisten".
Die nun vorgestellten Ergebnisse belegen die ökologische Vielfalt der untersuchten Gewässer. In künstlichen Teichen oder Seen finden wir Mikroorganismen, die sich typischen, menschengemachten Umweltbedingungen anpassen konnten. Wir können beispielsweise beobachten, dass solche künstlichen Gewässer komplexe Zusammensetzungen von Dinoflagellaten (frei übersetzt: Schreckensalgen), einer Gruppe von Mikroalgen, hervorbringen können. Diese Algen sind zumeist harmlos, aber es gibt auch Vertreter, die für toxische Blüten verantwortlich sind. Es lohnt sich also, die Entwicklung solcher Gewässer im Blick zu behalten – z. B. mit DNA-Metagenomanalysen.
Die Gruppe ist schon länger wieder zu Hause, erinnert sich aber immer wieder gern an das Abenteuer am Stechlin zurück. Ein besonderer Dank geht an die Belegschaft des IGB Stechlin, insbesondere an die Arbeitsgruppenleiterin Frau Dr. Stella Berger und an Frau Maren Lentz, für die kompetente und immer wohlgelaunte Betreuung. Eine Seefahrt, die ist lustig – und wenn der Motor streikt, muss es trotzdem irgendwie weitergehen … tatsächlich, jedes Problem wird von der Belegschaft des IGBs im Handumdrehen gelöst. Vielen Dank außerdem an die AG Wünschiers (HSMW) für technischen Support bei der DNA-Sequenzierung und dem Studierendenrat (STURA, HSMW) für finanzielle Unterstützung.
Text und Bilder: Prof. Henrik Buschmann