Mit dem Strukturwandel in der Lausitz wächst auch die Notwendigkeit, neue Wege für eine zukunftsfähige Arbeitswelt zu entwickeln. Das Projekt „Perspektive Arbeit Lausitz“ bündelt verschiedene Schwerpunktprojekte, die genau hier ansetzen: Sie fördern innovative Ansätze, um Arbeit in der Region nachhaltig, menschengerecht und wettbewerbsfähig zu gestalten.
Fokus Forschung: Montagearbeitsplätze neu gedacht: Ergonomisch, digital, gesund
Fokus Forschung: Montagearbeitsplätze neu gedacht: Ergonomisch, digital, gesund
Praxistext mit der IMM electronics GmbH im Projekt PAL
Ein Projektteam aus Praxis und Forschung
Im Schwerpunktprojekt 1 des Forschungsverbunds „PerspektiveArbeit Lausitz“ entwickeln die Hochschule Mittweida, die IMM electronics GmbH und der Netzwerkpartner Silicon Saxony e.V. gemeinsam ein intelligentes Assistenzsystem zur ergonomischen Gestaltung von Montagearbeitsplätzen. Ziel ist es, die Anforderungen der Industrie 4.0 mit den Bedürfnissen der Mitarbeitenden in Einklang zu bringen. Das geplante System soll mithilfe einer kamerabasierten und datengestützten Analyse anonymisiert Bewegungsabläufe erfassen und in Echtzeit Rückmeldungen zur Körperhaltung geben, um ungesunde Haltungen frühzeitig zu erkennen und langfristige gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Dabei wird besonderer Wert auf den Datenschutz gelegt: Aus den erfassten Bilddaten wird in einem lokalen Prozess ein digitales Abbild der Körperhaltung erzeugt, das die Grundlage für die Echtzeitanalyse bildet.
Partizipativer Entwicklungsprozess
Um eine nutzerzentrierte Gestaltung sicherzustellen, werden die Mitarbeitenden der IMM electronics GmbH von Beginn an in den Entwicklungsprozess eingebunden. Ihre Erfahrungen und Rückmeldungen fließen kontinuierlich in die Gestaltung des Systems ein, um eine praxisnahe und bedarfsgerechte Lösung zu gewährleisten. Die aktive Einbindung der Mitarbeitenden stellt sicher, dass das Assistenzsystem praxisnah konzipiert wird und den realen Anforderungen des Montagealltags gerecht wird. Durch diese nutzerzentrierte Gestaltung können potenzielle ergonomische Herausforderungen frühzeitig identifiziert und adressiert werden, was die Akzeptanz des Systems erhöht und langfristig zu einer Reduktion von gesundheitlichen Belastungen sowie einer Steigerung der Produktivität beiträgt.
Reale Arbeitsprozesse als Grundlage
Die Erfassung des realen Arbeitsprozesses ist essenziell für die Planung des digitalen Assistenzsystems, denn mit Hilfe dieser Daten können in einer 3D-Simulation der Arbeitsumgebung verschiedene Parameter, insbesondere die Anzahl und Position der eingesetzten Kameras, ausprobiert und evaluiert werden.
Zur Erstellung des Datensatzes führte die Hochschule Mittweida eine detaillierte Analyse an den realen Montagearbeitsplätzen durch, welche Arbeitsplatzbeobachtungen vor Ort und Interviews mit den Mitarbeitenden der Firma IMM electronics GmbH umfasste. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wurde ein Referenzablauf erstellt, der in einer Art Drehbuch sämtliche Arbeitsschritte sowie die verwendeten Materialien und Werkzeuge dokumentiert.
Praxisnahe Tests und Validierung
Im Rahmen des Projekts wurden praxisnahe Tests durchgeführt, um die Funktionalität und Effektivität des entwickelten Assistenzsystems zu validieren. Hierbei kam ein Motion-Capturing-System zum Einsatz, das Bewegungsabläufe der Mitarbeitenden während typischer Montagetätigkeiten erfasste. Die gewonnenen Daten werden genutzt, um die Haltungsanalyse des geplanten Assistenzsystems schrittweise zu verbessern und es gezielt auf die Anforderungen realer Arbeitsumgebungen auszurichten. Da sich das System noch in der Entwicklungsphase befindet, dienen diese Erkenntnisse dazu, die Funktionalität zu verfeinern und eine spätere Praxistauglichkeit sicherzustellen.
Die Tests wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut Chemnitzer Maschinen- und Anlagenbau e.V. (ICM) durchgeführt, das über die notwendige Expertise und technische Ausstattung zur Erfassung und Analyse menschlicher Bewegungen verfügt. Mitarbeiterinnen der Hochschule Mittweida führten dabei standardisierte Montagetätigkeiten aus, während ihre Bewegungen sowohl vom entwickelten Assistenzsystem als auch von einem etablierten Referenzsystem erfasst wurden. Die so gewonnenen Daten ermöglichten es, die Genauigkeit und Praxistauglichkeit des Assistenzsystems hinsichtlich der Bewegungsdaten zu bewerten und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Durch diese praxisnahen Tests konnte überprüft werden, ob das Assistenzsystem nicht nur theoretisch funktioniert, sondern auch den Anforderungen des realen Arbeitsalltags gerecht werden kann. Zudem wurde ein Vergleich zwischen der markerlosen und der markerbasierten Datenerfassung durchgeführt, um zu evaluieren, inwieweit beide Methoden vergleichbare Ergebnisse liefern. Die Auswertung dieser Vergleichsdaten ist derzeit noch nicht komplett abgeschlossen und wird im weiteren Projektverlauf fortgesetzt. Es zeigt sich jedoch bereits die positive Tendenz, dass die markerlose Datenerfassung mit der markerbasierten Technologie standhalten kann und für den industriellen Einsatz anwendbar ist.
Weitere Informationen zum PAL-Projekt
Kontakt für Rückfragen:
Dr.-Ing. Katharina Müller-Eppendorfer
Projektmitarbeiterin PAL | Hochschule Mittweida
Text und Fotos: Sarah Gruß/Alexander Engelsberger