Fokus Forschung: Anforderungen an adaptive Montagesysteme in KMU

Fokus Forschung: Anforderungen an adaptive Montagesysteme in KMU

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Forscher Nachwuchs | NWK 2025 | Falk Gruber forscht zur Optimierung von Rüstzeiten bei Montagesystemen

Portraitbild von Falk Gruber in einem gewölbten Raum
Falk Gruber beschäftigte sich in seiner Forschung mit der Optimierung von Montagesystemen

Infolge signifikanter Entwicklungen von Anbieter- hinzu Käufermärkten, durch einen Zuwachs der Individualisierbarkeit von Produkten und die Steigerung der Produktvielfalt, entwickelt sich die manuelle Montagearbeit von der herkömmlichen Massenmontage zur variantenreichen Serienmontage und darüber hinaus zur sogenannten industriellen Individualmontage [1]. Zusätzlich stellt ein zunehmend heterogener Arbeitsmarkt immer größer werdende Herausforderung an die Planung und den effizienten Betrieb von Montagesystemen. Dies trifft vor allem KMU in der Elektronik- und Maschinenbaubranche sowie angrenzenden Sektoren.

In der Entwicklung zur industriellen Individualmontage stellt die situationsbasierte Adaptionsfähigkeit von Montagesystemen eine Schlüsselfunktion dar. Diese ermöglicht eine kurzfristige Reaktion auf interne und externe Einflüsse mit Hilfe von situationsbasierten Anpassungen, Substitutionen und Transformationen des Systems zur zeitlichen und monetären Optimierung [2].

Die Adaptionsfähigkeit von Fabrikstrukturen wird dabei als eine Notwendigkeit für nachhaltige Wettbewerbsstruktur aufgezeigt, die durch Modularität, der Ressourcen, Wirtschaftlichkeit und Geschwindigkeit ermöglicht wird [3].

Aufgrund steigender Produktvielfalt und sinkender Losgrößen spielen Rüsttätigkeiten in manuellen variantenreichen Montagesysteme eine signifikante Rolle.

Im klassischen Sinne versteht sich Rüsten als "geplanter Umbau" des Montagesystems infolge eines Auftragswechsel [3].

Die begonnene Forschungstätigkeit beschäftigt sich mit der Entwicklung einer Methodik zur Aufweichung strikt geplanter Rüsttätigkeiten sowie Rüstzeitoptimierungsmethoden (bspw. SMED) hinzu einer gesamtheitlichen Adaption des Montagesystems. Dabei sollen vor allem die Einflüsse der vorangegangenen Aufträge und Folgeaufträge einbezogen werden und das Gesamtsystem Montage effizienter gestalten.

Im ersten Beitrag der Forschungstätigkeit wurde im Rahmen einer Literaturanalyse die Anforderungen von KMU (kleine und mittlere Unternehmen) an adaptive Methoden bzw. Lösungen in Montagesystemen recherchiert und abgeleitet.

Bei steigender Heterogenität der Belegschaft sind Montagesysteme und Prozesse so zu gestalten, dass der Einstieg und die Arbeit selbst aus unterschiedlichen Ausgangssituationen zu meistern ist. Dies erfordert das „Lernen am Arbeitsplatz“ abseits etablierter Einarbeitungsprogramme bzw. -methoden großer Unternehmen verstärkt zu etablieren und umsetzbar für KMU zu gestalten. Eine menschgerechte Gestaltung der Montagearbeiten, mit dem Ziel eine lernförderliche Umgebung zu schaffen und die Ermöglichung der Persönlichkeitsförderlichkeit nach Hacker [4].

Für eine KMU-gerechte Einführung adaptiver Montagesysteme sind Schnittstellen zu bestehenden Systemen entscheidend. Wesentlich ist die effiziente Bereitstellung von Material, Informationen und Betriebsmitteln, die die Adaptionsfähigkeit bei Auftragswechseln beeinflusst. Montageassistenzsysteme unterstützen diese Prozesse und dienen als Lernhilfen. Wichtige Anforderungen sind die Einführbarkeit in bestehende Strukturen, die aktive Integration der Mitarbeitenden, die Individualisierbarkeit der Arbeitssysteme, die Anwendbarkeit für verschiedene Montageprinzipien und die Skalierbarkeit bei variierenden Losgrößen. Die Einführbarkeit in bestehende Strukturen ist besonders wichtig, um eine Umsetzung im laufenden Betrieb zu ermöglichen. Die Integration der Mitarbeitenden fördert Effizienz und Ergonomie. Adaptive Lösungen müssen für verschiedene Montageprinzipien anwendbar und skalierbar sein, um auf veränderte Nachfragen schnell reagieren zu können.

Der Ansatz der adaptiven Montage erfordert weitere Forschung zur Entwicklung und Erprobung systematischer Methoden für KMU. Dazu gehören Planungssystematiken unter Einbezug von Montageassistenz oder Virtual-/Augmented-Reality sowie die praktische Validierung dieser Lösungen. Die Anwendbarkeit auf Systeme mit unterschiedlichen Mitarbeitern muss differenziert betrachtet werden.

Zur Person

Falk Gruber studierte industrielle Produktion mit Vertiefung Produktionstechnik /-management (Bachelor) an der Berufsakademie Glauchau (heute DHSN) und Maschinenbau mit der Vertiefung ressourceneffiziente Fertigungstechnik an der Hochschule Mittweida. Seit Dezember 2024 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Professur Produktionsinformatik der Hochschule Mittweida und ist Promovend von Prof. Dr.-Ing. Leif Goldhahn.

Literatur

[1] Bornewasser, Manfred; Hinrichsen, Sven (Hrsg.) (2020): Informatorische Assistenzsysteme in der variantenreichen Montage, Berlin: Springer Viehweg.
[2] Niemann, Jörg; Westkämper, Engelbert (Hrsg.) (2024): Digitale Produktion – Herausforderung und Nutzen, in: Handbuch Unternehmensorganisation, Aufl. 3, 515-530
[3] Neumann, Michael (2014): Methode für eine situationsbasierte Adaption und Absicherung der Produktionsfähigkeit in der Serienmontage, in: Stuttgarter Beiträge zur Produktionsforschung, Stuttgart: Fraunhofer Verlag.
[4] DIN e.V. (2021) Deutsche Normungsroadmap innovativer Arbeitswelt. Verfügbar unter www.dke.de/de/arbeitsfelder/industry/normungs-roadmap-innovative-arbeitswelt [14.05.2025]

Text und Grafik: Falk Gruber
Foto: Helmut Hammer