Fokus Forschung: Menschen lernen anders als Maschinen

Fokus Forschung: Menschen lernen anders als Maschinen

Forschung, Veröffentlichungen

Publikation in Nature Machine Intelligence unter Beteiligung von Professor Thomas Villmann

Gruppenbild auf einer Treppe
Die Teilnehmenden des Dagstuhl-Seminars ‚Generalization by People and Machines‘, Schloss Dagstuhl, (May 05 – May 08, 2024) und jetzt Ko-Autoren des Fachbeitrags in Nature Machine Intelligence, Prof. Villmann – 4. Von links im roten Hemd

Forschende aus den Bereichen Künstlicher Intelligenz, Kognitions- und Sprachwissenschaft sind in einem Beitrag der Fachzeitschrift Nature Machine Intelligence der Frage nachgegangen, wie sich das Lernverhalten und die Lernstrategien von Menschen und heutigen KI-Systemen unterscheiden. An dieser Publikation ist auch Professor Thomas Villmann (SICIM, Fak. CB) beteiligt.

Die Anwendung und Integration von KI-Systemen in praktischen Anwendungen wie z.B. Medizin, Bildung oder Verkehr erfordert einerseits Akzeptanz von KI als wertvolles Hilfsmittel bei den Nutzern. Andererseits müssen KI-Forschende verstehen, wie solche Systeme lernen, verallgemeinern und in unbekannten Situationen reagieren. Hier unterscheiden sich, wie diese Studie belegt, menschliche Akteure deutlich von derzeitigen Modellen des maschinellen Lernens:

Zunächst beschreibt das Konzept der Generalisierung oder Verallgemeinerung die Fähigkeit, erworbenes Wissen auf neue Situationen in flexibler Art und Weise anzuwenden und gegebenenfalls zu erweitern bzw. auch zu revidieren. Dabei wird die vorhandene Wissensbasis unter Einbeziehung neuer Informationen und Erfahrungen erweitert. Die Interpretation bzw. Realisierung dieses Konzepts zeigt jedoch Unterschiede für derzeitige maschinelle Ansätze und Menschen: In der Kognitionsforschung steht Generalisierung für Abstraktion und konzeptuelles Denken. Im maschinellen Lernen werden unter dem Begriff der Generalisierung verschiedene Lernstrategien und -prozesse für KI-Modelle zusammengefasst wie z.B. das KI-Agieren in unbekannten (Daten-) Bereichen für klassische neuronale Netze, symbolische und sub-symbolische Regelsysteme für logische Ableitungen oder die KI-Adaptivität und Flexibilität bezüglich sich zeitlich verändernden Systemen.

In dem Fachbeitrag werden insbesondere drei Denklinien verfolgt: „Was verstehen wir unter Generalisierung? Wie wird sie erreicht? Und wie lässt sie sich bewerten?“, so Prof. Benjamin Paaßen von der Universität Bielefeld, ebenfalls Mitautor der Studie und Forschungskollege von Professor Villmann.

„Wenn wir also über Generalisierung sprechen, ist die Begriffsbedeutung abhängig vom betrachteten Kontext – Mensch oder Maschine. Dieses zu verstehen und zu akzeptieren ist aber Voraussetzung, dass künftig KI-Systeme und Menschen erfolgreich interagieren und zusammenarbeiten.“, meint Professor Villmann.

Die Veröffentlichung ist das Ergebnis einer interdisziplinären Zusammenarbeit von mehr als 20 Expert:innen aus international führenden Forschungseinrichtungen. Ausgangspunkt war ein gemeinsamer Workshop am Leibniz-Zentrum für Informatik auf Schloss Dagstuhl im Frühjahr 2024, bei dem diese Fragen intensiv und interdisziplinär diskutiert wurden und zu dem auch Professor Villmann eingeladen war.

Das Projekt zeigt, wie wichtig die interdisziplinäre Betrachtungsweise im Zusammenspiel von Kognitionswissenschaft und KI-Forschung für die Entwicklung von künftigen KI-Systemen ist. Die gemeinsame Ausarbeitung fachübergreifender Ansätze bei der Erforschung von (künstlicher) Intelligenz wird ein besseres Verständnis der Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Denk- und Schlussweisen von Maschinen und Menschen hervorbringen, so dass neue KI-Systeme so gestaltet werden können, dass sie auch menschliche Werte und Schlussweisen besser nachvollziehen und unterstützen.

Der Beitrag ist abrufbar unter:
 https://www.nature.com/articles/s42256-025-01109-4

Text: Prof. Thomas Villmann
Foto: privat